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Kapitel 26 Ein Meer aus Angst

Ein Meer aus Angst


„Crucio“, sagte Lucius wieder und beobachtete seinen Sohn, wie dieser vor Schmerz und Wut schrie. Warum war Draco nur so eigensinnig? Lucius dachte, dass er jetzt zugeben würde, dass Potter log und weigerte sich zu glauben, dass ein Malfoy ein Blutsverräter sein könnte. Er sah angewidert auf Dracos gekrümmte Gestalt und hasste seinen Sohn dafür, dass er so loyal zu Potter stand. Potter! Allein der Name ließ seine Innereien kochen. Dieser Junge hätte schon vor langer Zeit sterben müssen.

Lucius richtete seinen Zauberstab auf den Boden neben seinen Füßen, während Draco wimmerte und wegen des andauernden Schmerzes in seinem Körper weinte. Er fühlte sich, als hätte er nicht einmal die Kraft zu stehen, wenn er es denn versuchen würde. Er war nicht sicher, wie viel er noch von dieser Qual aushalten konnte.

„Also, Draco“, forderte ihn Lucius auf, „ich frage dich nochmals. Ist Harry Potter der Dunkle Lord?“

Draco konnte kaum seinen Kopf aus dem Schnee heben und sein Gesicht war wegen des Schnittes auf der Wange eine Masse aus Tränen und Blut. Sein Kopf fiel immer wieder hinunter, während er sich anstrengte, seinen Vater anzublicken, seine Sicht war jedoch sehr verschwommen.

„Nun“, zischte Lucius ungeduldig, „ist er der Dunkle Lord?“

„Ja… er ist es“, schaffte Draco zu sagen und ließ seinen Kopf wieder fallen, um auf den nächsten Angriff zu warten.

Lucius schloss für einen Augenblick die Augen, wütend darüber, dass Draco immer noch willens war, für solch einen dummen Glauben bestraft zu werden. „Das war die falsche Antwort“, meinte er kurz angebunden. „Crucio!“ Wieder schrie Draco, als eine neue Welle aus Schmerz jeden Nerv in seinem Körper traf.

Lucius stand mit einem Gesicht voll fester Überzeugung da und richtete seinen Zauberstab auf Draco, bis ein scharfer Schmerz in seine Finger am Stab fuhr und er ihn instinktiv los ließ. Er schaute geschockt auf seine Hand und dann auf seinen Zauberstab, der im Schnee lag. Dieser stand in Flammen und brannte so schnell ab, dass er innerhalb von Sekunden zu Asche wurde.

Als er hochblickte, sah er Harry Potter neben Draco stehen und auf ihn hinunter sehen. Lucius war voller Wut und schritt zornig auf ihn zu, während er ihn anschnauzte: „Wie kannst du es wagen, dich hier einzumischen!“ Er hatte seinen Stock erhoben, um dem Gryffindor damit einen Stoß zu versetzen, wurde aber von den Füßen geworfen, als Harry eine Hand in seine Richtung hob. Er landete gut zwei Meter entfernt, setzte sich schnell auf und schaute den Dunkelhaarigen überrascht an. Er hatte keinen Zauberstab in Potters Hand gesehen! Schnell sah er sich in dem Wäldchen um, ob ihm vielleicht jemand geholfen hatte.

In der Zwischenzeit hatte sich Harry zu Draco hinunter gebeugt und ihm die Haare aus dem Gesicht gestrichen. Draco zitterte und stöhnte vor Schmerz. Seine Kleidung war durch das Liegen auf dem Schnee durchnässt und sein Gesicht war rot und geschwollen. Harrys Wut schwoll noch weiter an, als er sah, was Lucius getan hatte. Er setzte seinen Freund auf und lehnte ihn gegen einen Baum. Dracos Kopf schwankte und seine Augen hielt er geschlossen.

Lucius war vorsichtig wieder aufgestanden und versuchte, seine nächste Aktion zu planen. Er beobachtete, wie sich auch Harry erhob und langsam zu ihm umdrehte. Er sog scharf die Luft ein und riss die Augen weit auf, als er das rote Glühen von Potters Haut und dessen dunkle Augen sah.

„Gib mir deinen Umhang!“, forderte der Dunkelhaarige zornig.

Malfoy trug einen langen, schwarzen Wollumhang über seiner Robe. „Ich gebe dir gar nichts, Potter!“, stieß er trotz der ungewöhnlichen Erscheinung des Jungen wütend hervor, welche ihn ein wenig entnervte.

Harry grinste böse und meinte lässig: „Oh doch, das wirst du.“ Er schaute zur Seite, wo Hagrids Hütte zu sehen war und erblickte ein aufgewickeltes Seil, das an einem Pfosten neben einem Zaun hing. Lucius folgte Harrys Blickrichtung und sah überrascht, wie sich das Tau abwickelte und sich der Länge nach durch die Bäume zu ihnen schlängelte. Der blonde Mann spürte, wie sich Panik in seinem Magen bildete und drehte sich um, um fort zu laufen. Jedoch warf ihn eine erneute Macht nach vorn auf das Gesicht und ehe er wieder aufstehen konnte fühlte er, wie sich das Seil fest um seine Knöchel wickelte und ihn dann rückwärts dorthin zog, wo er zuvor gestanden hatte.

Schnee war unter seine Robe geraten, als er zurück gezerrt wurde und sein Gesicht brannte durch die Reibung auf dem kalten Schnee. Er drehte seinen Kopf zu Harry, der sich nicht von seinem Standort bei Draco fort bewegt hatte. Aber ehe der geschockte Lucius noch etwas sagen konnte, hob der Gryffindor seine Hand wieder und das andere Ende des Seiles wickelte sich um einen Ast hoch über ihnen, zog den Mann an den Knöcheln nach oben und ließ ihn gut drei Meter über dem Boden baumeln. Seine Robe und sein Umhang waren ihm übers Gesicht gefallen und sobald seine Arme nach unten hingen spürte er, wie sie von seinem Körper gerissen wurden. Sein Hemd folgte und bald fand er sich selbst mit nackter Brust nach unten hängend vor.

Während sich sein Körper drehte, blickte er kopfüber hängend auf Harry, der seinen langen Umhang über Draco legte, um ihn warm zu halten. „Zum Teufel mit dir, Potter!“, zischte Lucius. „Lass mich sofort runter. Du hast ja keine Ahnung, wie furchtbar du dafür bestraft werden wirst! Das wirst du büßen, dafür sorge ich!“

Harry drehte sich um und grinste. „Du bist nicht in der Position, Drohungen auszustoßen, Lucius!“ Sein Gesicht wurde wieder eine tödliche Maske. „Du wirst Draco nie wieder wehtun.“ Der Mann fletschte die Zähne und versuchte, sich nach oben zu beugen, um an das Seil an seinen Füßen zu kommen. Harry hob die Hand, richtete sie auf Lucius und machte eine peitschende Bewegung mit den Fingern in der Luft.

Malfoy schrie vor Schmerz, als sich ein großer Schnitt diagonal auf seiner Brust abzeichnete. Der Dunkelhaarige machte die gleiche Bewegung in die andere Richtung und ein weiterer Schnitt bildete sich auf der Brust und komplettierte nun das große, blutende X.

„Was?“, brüllte Lucius ungläubig und versuchte zischend vor Schmerz, den Blutfluss mit den Händen zu stoppen. Das Blut lief jedoch zwischen seinen Fingern durch, rann nach unten über den Hals zu seinem Kinn und dann an den Seiten seines Kopfes entlang über die Ohren, durch sein langes, herunter hängendes Haar bis etwas davon auf den weißen Schnee tropfte.

„Was willst du?“, schrie Lucius verzweifelt. „Geld? Ich kann dir Geld geben, Potter!“

„Ich brauche kein Geld, Lucius“, sagte Harry ruhig. „Ich habe genug von meinen Eltern und von Sirius.“

„Was dann? Sag es mir! Sofort!“ Lucius befürchtete, dass er bald verbluten würde, wenn er nicht bald herunter kam um die Wunden zu versorgen. Schon jetzt fühlte er sich schwindelig.

„Ich will, dass du dich von Draco fern hältst“, gab der Gryffindor zurück. „Aber ich fürchte, dass es nur einen Weg gibt um sicher zu stellen, dass du ihn nie mehr anrührst.“ Er sah zu Hagrids Hütte und blickte auf die Einzäunung für Tiere, die dieser hinter dem Haus hatte. Dort hielt der Halbriese die Kreaturen, die er für den Unterricht in ‚Pflege magischer Geschöpfe’ brauchte. Harry öffnete das Gatter des Geheges und drei Tiere rannten hinaus und in ihre Richtung. Lucius wandte den Blick zu den heulenden und knurrenden Gesichtern der zweiköpfigen Wölfe und riss die Augen ängstlich auf.

„Nein!“, brüllte er.

„Das sind römische Wölfe, Lucius“, erklärte Harry gleichmütig. „Sie sehen wirklich hungrig aus und der Geruch deines Blutes zieht sie an. Ich hoffe sehr, dass du starke Bauchmuskeln hast!“

Lucius schrie, als die Wölfe auf ihn zuliefen. Sie sprangen hoch und schnappten mit rasiermesserscharfen Zähnen nach ihm. Er beugte sich so weit nach oben wie er konnte und versuchte, außer Reichweite der Tiere zu bleiben.

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Hagrid saß in seiner Hütte und schmirgelte das Holz seiner Lieblingsarmbrust, als er hörte, wie die Wölfe heulten und einen Tumult machten. Er erhob seine riesige Gestalt vom Tisch und ging zum Fenster, um in das Gehege zu sehen. „Was? Wie sind denn die Viecher raus gekommen?“, rief er aus. Er sah, wie sie in Richtung der Wälder rannten und packte seinen Schirm, der einen Teil seines alten Zauberstabes enthielt. Normalerweise durfte er keine Magie anwenden, aber er wusste, dass dies eine der Zeiten war, wo ein Schüler verletzt werden könnte, wenn er es nicht tat. Die Wölfe mussten so schnell wie möglich gestoppt werden.

Hagrid verließ eilig die Hütte und schritt die Lichtung entlang zu den Wäldern. Er konnte hören, wie das Knurren der Wölfe lauter wurde, als er an der Baumgrenze ankam und dachte bei sich, dass sie vermutlich einen Hasen gefangen hatten, um den sie jetzt kämpften.

Als er den kleinen Wald betrat, erblickte er die Tiere und das, was er sonst noch sah ließ ihn geschockt stehen bleiben. Die Wölfe schnappten nach einem halbnackten Mann, der von einem Baum hing, voller Blut war und stetig versuchte, sich von ihnen weg nach oben zu beugen. Schnell kam Hagrid wieder zu Sinnen, ging näher an die Szene heran, zog seinen Schirm und richtete ihn auf die Tiere. „Schlaft, ihr Bestien!“, brüllte er und schüttelte den Schirm, was die Wölfe prompt auf dem Waldboden einschlafen ließ.

Dann zuckten seinen Augen zur Seite und er sah Harry, wie er da stand und ihn beobachtete. „Harry? Was zum Teufel geht hier vor sich?“ Er warf einen zweiten Blick auf die baumelnde Gestalt, die vor Angst erschöpft und schwer atmete und zwinkerte, bis er den ihm bekannten Mann endlich erkannte. „Malfoy?“, fragte er überrascht.

„Du hättest dich nicht einmischen sollen, Hagrid“, sagte Harry schlicht.

Hagrid drehte den Kopf wieder in Richtung des Gryffindors. „Was meinst…“, er stoppte und bemerkte endlich Harrys veränderte Erscheinung. Sein Mund klappte in Erkenntnis auf und er sagte: „Es passiert wieder, nicht Harry?“ Er hielt seine Hände bittend hoch. „Du musst dich jetzt beruhigen. Kein Grund für all diese Gewalt.“

„Geh zurück in dein Haus, Hagrid“, meinte Harry. „Ich bringe die Wölfe zurück, wenn sie gefüttert sind.“
„Helf… helfen Sie mir!“, presste Lucius in nahender Ohnmacht heraus. Hagrid schaute auf ihn und dann zurück zu Harry.

„Er hat versucht, Draco zu töten“, erklärte der dunkelhaarige Junge. „Er verdient den Tod.“

„Nein!“, stöhnte der fast ohnmächtige Mann. „Nicht… töten. Nicht… töten.“

Harrys Kopf fuhr zu Draco herum, als er eine leise Stimme hörte. „Harry? Harry…“ Draco war wieder zu Bewusstsein gekommen und schielte ihn schmerzerfüllt aus halbgeöffneten Augen an. „Harry…“ flüsterte er wieder.

Der Gryffindor drehte sich vollends um und kniete sich an seine Seite. „Ich bin hier“, sagte er.

„Halt… mich“, kam das schwache Flüstern. Draco erinnerte sich, wie Hermines Umarmung Harry beim letzten Mal zu beruhigen schien, als er in dieser Verfassung gewesen war und wie er danach wieder normal wurde.

Harry beugte sich nach vorn und drückte Draco an seine Brust, sorgfältig darauf achtend, nicht dessen verletzte Wange zu berühren.

„Ich liebe dich“, murmelte der blonde Junge so schwach, dass es nur Harry hören konnte. „Mach es nicht.“

„Aber er hat versucht, dich umzubringen“, sagte der Gryffindor. „Schau, was er mit dir gemacht hat!“ Draco spürte, wie ein Schaudern durch seinen Freund ging, als ihn die Gefühle überkamen.

„Er ist mein Vater…“, flüsterte Draco. „Ich will nicht, dass er stirbt. Atme mit mir, Harry, atme einfach mit mir.“ Harry schloss die Augen, hielt ihn fest und holte mehrmals tief Luft. Er fühlte, wie der knisternde, kalte Sauerstoff seine überkochende Wut kühlte und der Herzschlag seines Lovers seinen eigenen beruhigte. Sie blieben in dieser Umarmung, bis Harrys Farbe sich wieder normalisiert hatte. „Das ist gut…“, schaffte es Draco zu sagen und schloss wieder die Augen, zufrieden, dass sein Freund wieder er selbst war.

Harry küsste ihn auf die Stirn und lehnte ihn sanft zurück an den Baum. Dann stand er auf und wandte sich an Hagrid. „Alles in Ordnung“, erklärte er. „Mir geht es wieder gut.“

„Yap, das sehe ich“, meinte Hagrid beruhigt. „Was ist mit ihm?“, fragte er dann und nickte zu dem inzwischen bewusstlos da hängenden Zauberer.

„Fang ihn auf, damit er nicht auf den Wölfen landet und sie aufweckt“, schlug Harry vor und bewegte die Finger, um das Seil von dem Ast zu lösen. Mit Leichtigkeit fing der Halbriese Lucius auf.

„Du gehst und bringst Draco zum Krankenflügel. Ich kümmere mich um Mr. Malfoy hier“, sagte Hagrid.

„Willst du ihn nicht auch in den Krankenflügel bringen?“

„Nein, ich glaube nicht. Ich denke, du hast in letzter Zeit genug schlechte Publicity gehabt, ohne dass wir das auch noch auf die Liste setzen“, erklärte Hagrid. „Ich mache ihn bei mir sauber und schick ihn dann seines Weges.“

„Und wenn er es dem Ministerium erzählt?“, wollte Harry wissen.

„Na ja, dann muss er erklären, was er hier zuerst gemacht hat, oder?“, grinste Hagrid. „Glaub’ nicht, dass er will, dass jeder erfährt, was er mit seinem eigenen Sohn gemacht hat. Du weißt doch – er ist auf Bewährung.“

Harry nickte. „Danke. Es tut mir leid, dass ich dich da mit rein gezogen habe.“

„Schon in Ordnung“, sagte Hagrid, ehe er ging. „Kann nicht sagen, dass mir das Herz gebrochen ist, als ich Lucius Malfoy so gesehen habe. Schon Zeit geworden, dass er erntete, was er gesät hat.“

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Lucius Malfoy erwachte hustend und spuckend, während er versuchte, sich gegen jemanden zu wehren, der ihm etwas in den Hals schüttete. Er öffnete die Augen und sah den großen, haarigen Halbriesen, der ihm eine gigantische Tasse an die Lippen hielt, um ihn dazu zu bringen, ein ekliges Gebräu hinunter zu schlucken.

Lucius drückte die Tasse weg und verschüttete den Rest dabei über das Bett des Riesen. „Weg mit dem stinkenden Gesöff!“, schnauzte er ihn an. „Wollen Sie mich vergiften?“

„Ich versuche, Ihnen zu helfen!“, blaffte Hagrid, wütend über Malfoys undankbares Verhalten, zurück. „Auch wenn ich sehr versucht bin, Sie wie ein aufgespießtes Schwein bluten zu lassen!“

„Weg von mir, Sie Riesentrampel!“, rief Lucius und versuchte, vom Bett aufzustehen. Seine Brust brannte vor Schmerz und er sah nach unten auf etwas, das wie große Stücke rohen Fleisches aussah und seine Wunden bedeckte. „Was haben Sie mit mir gemacht?“, knurrte er wütend, riss die Fleischscheiben herunter und warf sie auf den Boden.

„Ich habe Ihnen Ihr verdammtes Leben gerettet, Idiot!“, brummte Hagrid zurück. „Aber mir ist jetzt klar, dass ich mich nicht damit hätte abplagen sollen.“

Lucius ignorierte Hagrid, während er seine Wunden auf der Brust untersuchte, die sich schon geschlossen hatten. Er roch irgendeine eklige Salbe auf seiner Haut und folgerte daraus, dass der Riese ihm das aufgetragen haben musste. Erinnerungen von den Geschehnissen kamen ihm wieder in den Sinn und er schloss gedankenvoll einen Moment die Augen.

Als er sie wieder aufmachte, starrte er den beleidigten Halbriesen an und meinte: „Haben Sie wenigstens etwas Flohpulver? Ich möchte nach Hause, wo ich RICHTIGE Pflege bekomme!“

Hagrid stand auf und kramte nach einer Holzkiste in seinem Mantel. „Das ist das Beste, das ich je aus Ihrem Mund gehört habe. Scheren Sie sich aus meinem Haus!“ Er hielt Lucius die Kiste hin. Dieser erhob sich und wollte gerade eine Handvoll des Pulvers herausholen, als sie ihm Hagrid wieder wegzog. „Noch eins“, meinte er. „Kommen Sie nie wieder zurück nach Hogwarts um jemanden zu verletzen, oder ich werde Harry das nächste Mal seine Sache beenden lassen. Tatsächlich helfe ich ihm dann sogar dabei!“

Lucius warf ihm ein böses Grinsen zu und nahm das Pulver. „Das werden wir ja sehen.“ Er trat in den Kamin und reiste nach Malfoy Manor.

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Mitten in der Nacht öffnete Draco die Augen und blickte sich im Krankenflügel um, der schwach von ein paar Kerzen erhellt wurde. Er versuchte, sich ein wenig zu bewegen und stellte fest, dass seine Hände auf jeder Seite des Bettes von anderen Händen bedeckt waren. Als er seinen Kopf etwas hob, sah er, dass Hermine und Harry beide neben seinem Bett auf Sesseln sitzend eingeschlafen waren und jeder von ihnen eine seiner Hände hielt. Darauf lagen ihre schlafenden Köpfe. Dracos Herz floss über bei dem Bild, dass sie darstellten und ein Klumpen bildete sich in seinem Hals, als er das erste Mal, seit er ein kleines Kind war, fühlte, dass man sich wirklich Sorgen um ihn machte.

Eine Träne rollte ihm aus einem Augenwinkel herab bis zu seinem Ohr und er zog eine Hand heraus, um sie abzuwischen. Diese Bewegung weckte Hermine und sie hob ihren Kopf und sah ihn an. „Du bist wach!“, sagte sie leise und ihr Gesicht hellte sich auf. „Wie geht es dir?“

„Noch bin ich mir nicht sicher“, gab er zurück. „Ich nehme an, ich finde es erst heraus, wenn ich versuche, aufzustehen.“

„Madam Pomfrey hat dir jede Stunde ein Stärkungsmittel gegeben. Sie sagte, es würde dir bis zum Morgen besser gehen.“ Hermine stand auf und setzte sich auf die Bettkante, beugte sich vor und küsste ihn innig.

„Ich glaube, mehr von diesen Küssen ist alles, was ich an Stärkungsmitteln brauche“, grinste er sie an und zog ihren Kopf für mehr wieder zu sich. Dann blickte er auf Harrys schlafenden Kopf und meinte: „Was ist passiert? Ist mein Vater…?“

„Deinem Vater geht es gut“, versicherte sie ihm. „Hagrid half ihm und er ging wieder.“ Sie studierte einen Augenblick lang im Kerzenlicht sein Gesicht und fügte dann hinzu: „Es tut mir leid, was dir passiert ist, Draco. Als ich von Hogsmeade zurückkehrte und hörte, was passiert ist, kam ich so schnell wie ich konnte. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!“ Sie streichelte sein Gesicht mit ihren Fingern und er drehte den Kopf seitwärts, um ihre Fingerspitzen zu küssen.

„Ich glaube nicht, dass er versucht hat, mich umzubringen“, sagte er zu ihr. „Er wollte, dass ich zugebe dass Harry lügt und ich wollte das nicht.“

„Such keine Entschuldigung für ihn“, flüsterte Hermine. „Eltern dürfen so etwas einfach nicht tun. Es ist so unmenschlich!“

Draco seufzte. „Naja, ich denke, ein Gutes kam bei allem doch dabei raus.“

„Was?“

„Er sah, dass ich ihm die Wahrheit gesagt habe. Er sah Harrys Macht“, meinte Draco. „Das gibt ihm sicher einiges zum Nachdenken.“

„Vielleicht“, stimmte sie zu. Beide drehten sich und schauten Harry an, der seinen Kopf gehoben hatte und sie schläfrig ansah.

„Hey“, sagte er leise zu Draco. „Geht es dir gut?“

„Das muss es doch, wenn ihr beide mich so verhätschelt“, lächelte er. „Aber hört ja nicht auf damit, ich genieße jede Sekunde davon.“

Harry stand auf und beugte zu ihm hinunter, um ihn zu küssen. Dann plumpste er zurück auf seinen Sessel und fuhr mit der Hand durch sein wirres Haar. „Es tut mir leid, Draco. Es tut mir so leid, dass ich wieder die Kontrolle verloren habe. Was ich fast mit… deinem Vater… getan habe… Merlin!“

„Hör auf, dich zu entschuldigen. Wäre es umgekehrt gewesen und ich hätte jemanden dabei beobachtet, wie er dich foltert, hätte ich das Gleiche gemacht!“, sagte der Slytherin. Harry sah zu ihm und dann wieder auf seine Schuhe. Er sah bedrückt und traurig aus. Hermine und Draco schauten sich an und dann wieder zu ihm. „Ich meine das so, Harry“, versuchte Draco es erneut. „Ich bin überhaupt nicht sauer auf dich. Du hast mich gerettet und ich bin dankbar dafür!“

Harry stützte seine Ellbogen auf dem Bett ab und griff sich mit beiden Händen ins Haar. „Das ist es nicht“, meinte er frustriert. „Es ist etwas anderes, etwas Schlimmes…“

„Worum geht es?“, fragte Hermine. Sie ging um das Bett herum zu ihrem dunkelhaarigen Freund und setzte sich neben seine Ellbogen. „Sag es uns.“

Er sah ihr mit einem schmerzvollen Ausdruck ins Gesicht. „Ich verdiene euch gar nicht“, startete er, sah Draco an und fügte hinzu: „Keinen von euch. Ich bin böse und durch und durch schlecht.“

Der blonde Slytherin lachte kurz auf. „Ach, komm schon, Harry! Das ist das Lächerlichste, das ich jemals von dir gehört habe!“

Harry sah ihn zornig an, da er über seinen Schmerz lachte. „Das ist nicht komisch! Etwas ist heute passiert, etwas, das meine Wut ausgelöst hat!“

„Wir wissen das doch“, meinte Hermine und fuhr beruhigend mit der Hand durch sein Haar.

Er schüttelte sie ab und erklärte: „Es war nicht Dracos Vater! Ich war schon über der Grenze, ehe ich überhaupt wusste, dass Lucius hier ist!“

„Was ist passiert?“, erkundigte sich Draco nun ernsthaft. Er konnte sehen, dass etwas wirklich an Harry nagte.

Der Gryffindor stieß einen tiefen Atemzug aus und lehnte sich zurück in seinen Sessel. „Ich wurde in einen der Waschräume verfolgt und… „

„Wer folgte dir dorthin?“, fragte Hermine.

„Warrington“, sagte Harry mit einem Seitenblick auf Draco. Dessen Gesicht wurde zu einer wütenden Maske, als er sich an die Worte erinnerte, die Warrington am Morgen zu ihm gesagt hatte – etwas über die Flüssigkeiten eines Dunklen Lords, die einen stärker machen würden.

„Was hat er mit dir gemacht?“, knurrte er. „Ich bring ihn um!“

„Er hat dir etwas angetan, Harry?“, fragte Hermine alarmiert nach. „Ich dachte, er wäre einer deiner Anhänger!“

„Ich glaube, das ist er auch – auf eine eigene, verdrehte, verdammte Art und Weise“, sagte Harry. „Er… er packte mich um die Beine und… nun… versuchte mir einen zu blasen.“

„Was!“, keuchte Hermine auf. „Ich dachte, sie würden dich mit Respekt behandeln!“

„Er hat so eine verrückte Idee, dass ihn das Aufnehmen deiner Flüssigkeiten mächtiger machen würde!“, fauchte Draco wütend, während er sich Warrington vorstellte, der seinen Mund an Harry legte. „ Ich werde ihm schon was zu trinken geben, wenn ich ihm die Zähne eingeschlagen und seinen Hals hinunter gestopft habe!“

Hermine ignorierte Dracos wütende Tirade und fragte Harry: „Und, was hast du dann getan?“

„Ich versuchte, ihn weg zu drücken, aber er ließ nicht los!“, erklärte der Gefragte. „Dann sagte er irgendwas total Blödsinniges über mich, dass ich Draco zum Sex benutzen würde und das machte mich so… verdammt wütend! Er bot sich mir an, damit ich ihn benutze!“

„Das war’s jetzt. Er ist tot!“, kochte Draco. Er sah aus, als würde er gleich versuchen, aufzustehen um aus dem Bett zu klettern, als Hermine ihm eine Hand auf die Brust legte und energisch meinte: „Wag es ja nicht, jetzt dieses Bett zu verlassen, Draco Malfoy! Es geht dir noch nicht gut genug. Beruhig dich erst mal wieder. Ich bin sicher, Harry hat sich darum gekümmert. Es hat ihn doch wütend gemacht, oder nicht?“ Sie sah auf das finstere Gesicht ihres Gryffindor Freundes. „Also, erzähl uns, was danach passiert ist.“

Harry sah sie an und meinte: „Ich bin verdammt noch mal übergeschnappt! Ich fühlte mich in der Falle und zornig und beleidigt und ich kam über die Grenze. Und das war es dann, als ich… als ich… alles versaute.“ Harry rieb seine müden Augen.

„Weiter“, sagte sie sanft.

„Nun, er bekam Angst, als er mein Gesicht sah… du weißt schon… wie es dann wird“, erzählte er und sah Hermine an, die nickte.

„Dann versuchte er, von mir weg zu kommen, aber ich war zu wütend auf ihn, um ihn entkommen zu lassen. Ich packte ihn an den Haaren und ich… ich…“ Harry fühlte, wie es ihm den Magen umdrehte und dachte, dass er sich gleich erbrechen müsste. Er schaute in ihre wartenden Gesichter hoch und erklärte: „Ich zwang ihn, mir einen zu blasen! Ich war wütend, so verdammt wütend, dass ich ihn ihm geradezu in den Hals schob! Ich wollte ihn ersticken! Aber er erstickte nicht, sondern nahm ihn ganz. Und dann fühlte ich mich schuldig und dachte, dass ich es mir mit euch nun komplett versaut habe, auch wenn ich dabei gar nicht das Gefühl hatte, dass ich gerade Sex hätte. Es war mehr als würde ich nur versuchen, ihn zu verletzen, aber ich fühlte mich doch, als hätte er etwas bekommen, dass nur euch beiden gehört und es ging mir einfach nur scheiße. Ich warf ihn hart auf den Boden und er rannte davon. Ich war gerade auf dem Weg nach draußen um mich wieder abzukühlen, als mir Crabbe erzählte, dass Lucius hier sei. So, das ist passiert! Ich habe alles vermasselt! Scheiße noch mal!“ Harry schlug auf die Lehne seines Sessels, rieb dann wieder seine Augen und wartete auf die Reaktionen seiner beiden Freunde.

Es war still, während Hermine und Draco über Harrys Worte nachdachten. Dann meinte Draco: „Es ist nicht dein Fehler. Warrington hat dich überschnappen lassen, nicht wahr? Es ist sein verdammter Fehler und glaube mir, dafür wird er bezahlen!“

„Draco hat Recht, Harry“, stimmte Hermine zu. „Als du in deinem normalen Gemütszustand warst, hast du doch versucht, ihn weg zu stoßen und konntest es nicht. Dein Körper wurde zu deinem anderen Selbst, das Selbst, dass dich verteidigen kann.“

„Mich verteidigen?“, sagte Harry. „Sieh doch, was ich getan habe, Hermine! Das nennt man nicht gerade verteidigen!“

„Nun ja, du hast wieder die Kontrolle übernommen“, erläuterte sie näher. „Das ist eine Art von Verteidigung! Du hast es umgedreht und ihn hilflos gemacht. Du hast vorhin gesagt, wenn du eine bestimmte Linie übertrittst, kannst du deinen Zorn anscheinend nicht mehr aufhalten.“

„Ja“, nickte er.

„Denk mal an die anderen Dinge, die du in diesem Gemütszustand gemacht hast – mit Pansy und Lucius und… John Wells. Wenn du dich dann wieder beruhigst ist es, als würdest du zu einer ganz anderen Person werden, zu jemandem, der fürsorglich ist“, begründete Hermine. „Wie könnten Draco und ich dir etwas vorwerfen, das du getan hast, als du dein anderes Selbst warst? Du hast ja sogar gesagt, dass du es nicht genossen hast.“

„Nein! Das habe ich auch nicht!“, erklärte Harry vehement. „Also… hasst ihr beiden mich nicht?“

Hermine stand auf, setzte sich auf seinen Schoss und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Dich hassen? Ich liebe dich!“ Harry lächelte, küsste sie und blickte dann fragend Draco an.

„Was?“, sagte Draco. „Natürlich empfinde ich das genauso! Es ist nicht deine Schuld und ja, ich liebe dich auch.“

Harry fühlte sich so befreit, dass er am Liebsten einen Stepptanz gleich hier im Krankenflügel aufgeführt hätte. „Ich liebe euch beide auch. Ihr habt keine Ahnung, wie schlecht ich mich deswegen gefühlt habe! Ich hoffe, dass nicht noch einer von diesen Typen versucht, ‚meine Flüssigkeiten zu trinken!’“ Er schaute Draco an. „Könntest du ihnen sagen, dass es nicht funktioniert? So bekommen sie nicht mehr Macht. Vielleicht kann ich mich dann bald wieder in den Waschräumen sicher fühlen.“

Draco nickte. „Keine Sorge. Das werden sie bald erfahren. Ich kümmere mich darum.“

tbc

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