Minnies Fanfictions

Kapitel 35 Nur wenig zu wissen...

Nur wenig zu wissen ist eine gefährliche Sache


Severus erwachte nur langsam. Er massierte einen Knoten in seinem Rücken und brummte, als die Geräusche vom Flur in seinen Schlaf eindrangen. „Was machen die da draußen nur?“

„Guten Morgen.“

Er drehte sich zu einer lächelnden Hermine um. Die letzten drei Tage hatten ihren Tribut von ihm gefordert. Er hatte ständig unter Strom gestanden und sich von seiner Angst mitreißen lassen. Nun da er wusste, dass es Hermine wieder gut gehen würde, gab er der Müdigkeit nach, die ihn überwältigte.

Selbst der Schlaf einer ganzen Nacht, etwas mit dem er auch normalerweise kaum vertraut war, hatte seine Kräfte nicht vollständig regeneriert. Der Mangel an Schlaf und die Sorgen hatten dicke Schatten unter seine Augen gelegt, sein Gesicht sah immer noch verhärmt aus und seine Gesichtsfarbe war bleicher als üblich. Nur seine Augen gaben die Freude wieder, während er zusah, wie sich Hermine streckte.

„Guten Morgen. Du scheinst guter Laune zu sein. Wie geht es dir?“ Er stellte sich neben das Bett und betrachtete sie. Ihre Farbe war gut, ihre Augen glänzend, es war schwer zu glauben, dass sie in den letzten Tagen in solch schrecklicher Gefahr geschwebt hatte.

Hermine gähnte. „So lange ich mich nicht allzu sehr bewege, geht es mir gut. Aber ich habe richtig schlimme Kopfschmerzen. Kannst du mir einen Trank geben, damit wir gehen können?“

„Gehen?“

„Gehen. Raus hier. Nach Hause. Ich habe schon drei Tage lang die Vorlesungen verpasst. Ich muss meine Dozenten informieren und herausfinden, welche Arbeiten ich verpasst habe. Ich frage mich, ob Susan die Notizen der fortgeschrittenen Zauberkunst hat?“ Sie hielt sich den Kopf, als sie sich selbst in eine halb sitzende Position zog und der Schmerz durch ihren Kopf schoss. Zusammenzuckend versuchte sie, eine bequemere Position zu finden. „Du hast nicht etwa einen Kopfschmerztrank bei dir, oder?“

„Ich bezweifle hochgradig, dass sie dich heute schon gehen lassen. Besonders, da du noch unter dem Sturz leidest.“ Severus lächelte; er hegte keinen Zweifel daran, dass sie in all ihren Vorlesungen bereits Wochen voraus war. Ein paar Tage zu verpassen würde sie in keine große Bedrängnis bringen. Er warf ihr einen abschätzenden Blick zu. „Ich nehme an, dass du dein Schulbuch schon von vorne bis hinten gelesen hast. Wie weit bist du dem Lehrplan voraus? Es ist November. Ist Ende Dezember eine präzise Vermutung?“

„Darum geht es nicht. Ich sehe normalerweise alles nach jeder Vorlesung nochmal durch. Neues Material wird vorgestellt, genauso wie neue Aufgaben hinzugefügt werden.“ Hermine versuchte ihn anzustarren, der Schmerz in ihrem Kopf durchkreuzte aber ihr Vorhaben. „Bin ich so vorhersehbar?“

„Du warst sieben Jahre lang meine Schülerin. Mir ist niemals aufgefallen, dass du in irgendetwas, das du übernommen hattest, unvorbereitet gewesen warst. Ich würde nichts weniger als deine übliche Gründlichkeit und Aufmerksamkeit den Details gegenüber erwarten. Das ist es, was dich ausmacht.“ Sie hatte einen harten Schlag auf den Kopf bekommen, er hatte erwartet, dass sie Kopfschmerzen haben würde, aber er war nicht gerade glücklich darüber, wie sie vor Schmerz das Gesicht verzog. „Ich verstehe nicht, warum sie dir noch keinen Trank gegeben haben, um den Schmerz zu mildern. Ich sehe mal, ob ich einen Heiler finden kann.“

Eine lächelnde Hexe in hellrosa Roben schlenderte in das Zimmer. „Guten Morgen. Wie geht es uns heute?“

Severus blickte die junge Frau an. „Wie es uns geht? Madam, Ihre Gesundheit interessiert mich nicht im Geringsten. Wie auch immer, Miss Granger leidet unter heftigen Kopfschmerzen. Warum hat ihr noch keiner einen Kopfschmerztrank verabreicht?“

„Was für ein brummiger Kauz! Holen Sie tief Luft und entspannen Sie sich! Ich sehe nur mal schnell nach unserer kleinen Patientin…“ Die junge Hexe lächelte den mürrischen Mann an, bemerkte aber gar nicht, dass sie ihr Leben in der Hand hielt.

„Was haben Sie gesagt?“ Die Augen des Tränkemeisters funkelten gefährlich und seine Hand schloss sich reflexartig um den Zauberstab in seiner Tasche.

„Belinda, Sie werden in Raum 10 gebraucht.“ Heiler Seaton stand in der Tür von Hermines Zimmer, sein Timing vermied ein Desaster und rettete Severus davor, lebenslang in Askaban inhaftiert zu werden, weil er einen Unverzeihlichen auf die junge Frau geworfen hatte.

Severus starrte die Krankenschwester an, während sie hinaus hastete, ehe er seine volle Aufmerksamkeit Hermine und Heiler Seaton zuwandte.

„Wie fühlen Sie sich heute Morgen, Miss Granger?“ Heiler Seaton ließ seinen Zauberstab über Hermine gleiten und nahm die Veränderungen in ihrer Aura zur Kenntnis.

„Außer dass mich mein Kopf umbringt? Nicht allzu schlecht. Könnte ich bitte einen Kopfschmerztrank bekommen, damit ich nach Hause kann?“ Hermine hielt sich den Kopf und legte sich zurück.

„Miss Granger, bitte liegen Sie vollkommen ruhig, während ich die nächste Reihe Tests durchführe. Ihre Bewegungen könnten die Ergebnisse verfälschen.“ Der Heiler sang etwas leiernd, während er eine Serie von verschlungenen Zauberstab-Bewegungen vollzog.

Severus stand leise an der Seite, seine Müdigkeit war vergessen. Er kannte den Zauber, den der Heiler sprach. Er hielt die Luft an und suchte bei dem Mann nach einem Zeichen. „Irgendeine innere Blutung am Gehirn? Ist ihr Schädel intakt?“

Heiler Seaton blickte hoch. „Es scheint, als wären Sie mit der Medizin ziemlich vertraut, Professor. Alles scheint in Ordnung zu sein. Keine Blutung, keine haarfeinen Risse, auch wenn wir normalerweise die Möglichkeit derselben nicht vor den Patienten besprechen.“ Der Zauberer gab Hermine ein beschwichtigendes Lächeln. „Die Kopfschmerzen sind anscheinend das Ergebnis einer Prellung ihres Kopfes beim Sturz. Ich nehme an, dass Sie mit viel Ruhe am Montag wieder an den Vorlesungen teilnehmen können, fürchte aber, dass ich Ihre Fähigkeit zu Apparieren für die nächsten zwei Wochen einschränken muss, sogar noch länger, falls die Kopfschmerzen andauern. Lassen Sie mich jetzt nach einem Trank sehen, um den Schmerz zu lindern.“

„Warum ist ihr bisher noch keiner gegeben worden?“ Es war unentschuldbar, jemandem den Schmerz zu lassen, wenn ein einfacher Kopfschmerztrank hätte helfen können.

„Diese Verzögerung der Verabreichung des Trankes gestattet uns auszuschließen, dass etwas Ernsthafteres eingetreten ist. Bis letzte Nacht war es Miss Granger nicht möglich uns zu sagen, wie sie sich fühlte. Einen Trank zu nehmen um ein Symptom zu lindern kann manchmal ein ernstes Problem verschleiern. Ich bin glücklich, sagen zu können, dass das hier nicht der Fall ist.“ Heiler Seaton beendete seine Ausführungen und schrieb die Ergebnisse in eine Mappe, die seitlich schwebte. „Ich denke, wenn Sie sich weiterhin in diesem Maße erholen, können Sie morgen vielleicht schon gehen. Natürlich vorausgesetzt, Sie ruhen sich weiterhin aus.“

„Morgen!“ Das war nicht annehmbar. Sie hatte doch noch drei Tage Arbeit aufzuholen!

„Ich achte darauf, dass sie sich fügt.“ Severus’ Tonfall ließ keinen Platz für Argumente der jungen Frau zu, die ihn jetzt mit Blicken durchbohrte.

„Ich werde die Kurve an Madam Pomfrey weiterleiten, wenn Miss Granger entlassen ist. Sie kann die Nachuntersuchungen durchführen. Ich bin über die Flohverbindung immer zu erreichen, wenn Sie irgendwelche Fragen haben.“ Heiler Seaton nickte zufrieden, dass Professor Snape die Genesung überwachen würde. Er hätte ihn gerne weiter über den Trelawney Anhänger befragt, aber der Professor war anfangs nicht gerade sehr entgegenkommend wegen den Umständen gewesen, unter denen er ihn gekauft hatte – er bezweifelte sehr, dass er Lust darauf haben würde, über den Kauf zu reden, nun da Miss Granger wieder bei Bewusstsein war.

Die Überzeugung des Heilers, dass Severus sich nicht bewusst war über die ‚Kommunikationseigenschaften’ beim Kauf des Anhängers, war von Schulleiter Dumbledore am ersten Abend bestätigt worden. Der Direktor hatte ihn mit Fragen über Miss Grangers Zustand aufgesucht. Eine ziemlich informative Unterhaltung war gefolgt und hatte Licht auf einige Fragen beider Parteien geworfen.

„Du tust was?“ Hermine hielt sich ihren Kopf, während sie versuchte sich aufzusetzen.

„Hermine, hör auf. Lieg still, bis sie dir den Trank bringen.“ Während er noch sprach, erschien eine ältere Hexe an der Tür, die eine kleine, blaue Phiole trug.

„Sind die Kopfschmerzen so schlimm? Hier, das wird Ihnen helfen. Ganz locker jetzt.“ Die Hexe half Hermine in eine halbwegs sitzende Lage und wartete, bis sie die Phiole ausgetrunken hatte. „Dass sollte nur eine Minute dauern, bis es wirkt. Schließen Sie einfach die Augen und entspannen Sie sich, meine Liebe.“

„Danke.“ Hermine legte sich behutsam wieder hin. Sogar das Atmen schien Schmerz in ihrem Kopf zu erzeugen.

Die Frau nickte Hermine zu und warf auf ihrem Weg nach draußen einen neugierigen Blick auf Severus. Sie hatte zwei Spätschichten mit Rolanda tauschen müssen, um diesen Wechsel heute bekommen zu können. Hermine und Professor Snape waren das Gespräch der letzten drei Tage im Aufenthaltsraum gewesen.

Alle die den Mann gesehen hatten – er hatte das Zimmer seit Sonntagnachmittag, als er die verletzte Hexe gebracht hatte, nicht verlassen – hatten Bemerkungen über diese ungewöhnliche Hingabe des Mannes zu der jungen Frau gemacht. Eine Zeitlang hatten sie über die Beziehung der beiden spekuliert, die jeden außer dem Jungen-der-lebt-um-die-Welt-zu-retten wieder dumm aussehen gelassen hätte. Die Krankenschwester lachte. Cleo würde so aufgebracht sein, da sie in dieser Woche Urlaub genommen hatte und nun die ganze Action verpasste.

Severus beobachtete Hermines Brust, sie atmete wieder leichter. Die Linien um ihre Augen hatten nachgelassen, als der Schmerz zurückging. Er ließ sich in dem Sessel nieder, den er vorher frei gemacht hatte und bereitete sich darauf vor, auf jedwedes Zeichen eines Problems zu achten.

„Warum gehst du nicht zurück nach Hogwarts? Nimm eine Dusche, iss etwas Richtiges, vielleicht auch ein Nickerchen in einem richtigen Bett?“

„Versuchst du schon, mich los zu werden?“

„Ich habe ein Date mit einem niedlichen jungen Heiler, den ich gestern kennen gelernt habe. Wenn er dich hier sieht, wird es ihn zu Tode erschrecken.“

Severus lächelte. „Du fühlst dich besser, nicht wahr?“

„Ja, der Schmerz ist ziemlich abgeklungen, aber ich bin wirklich müde.“ Hermine gähnte, sie hatte jetzt drei Tage lang im Bett gelegen, warum war sie nur so müde? „Geh schon. Ich bin hier, wenn du zurückkommst. Wohin sonst sollte ich hingehen?“

„Bist du sicher? Ich denke, ich könnte ein ordentliches Set Roben gut gebrauchen.“ Severus rieb über die Falten auf seinem Hosenbein. Er trug immer noch die Kleidung, die er am Sonntagmorgen angezogen hatte: ein holzkohlengraues Hemd und eine schwarze Leinenhose, keine Robe in Sicht. „Mein Reinigungszauber scheint ein wenig erschöpft zu sein. Vielleicht denke ich das nächste Mal daran, wenn du entscheidest, dich in Todesgefahr zu begeben, ein Set Roben mit zu nehmen.“

„Severus, es tut mir leid, ich…“

„Halt, ich habe nur einen Witz gemacht. Es war ein Unfall. Ich bin dankbar darüber, dass du wieder in Ordnung kommst. Magie kann viele Dinge tun, aber sie kann immer noch nicht die Rätsel des Gehirns entschlüsseln. Ich habe dich zurück. Das ist alles, was zählt.“ Frank und Alice Longbottom kamen ihm plötzlich in den Sinn. Sie waren Langzeit-Insassen in einem oberen Stockwerk in diesem Krankenhaus. Er versuchte, einen Schauer zu unterdrücken, während er an die Möglichkeit dachte, dass es eine Option gewesen war, dass Hermine niemals mehr das Bewusstsein erlangt hätte.

„Ich fühlte mich, als würde ich schweben. Ich konnte hören, dass du zu mir gesprochen hast, aber ich konnte nicht antworten. Einige Male versuchte ich es, aber die Worte wollten nicht kommen. Danke, Severus. Ich… ich habe mich niemals alleine gefühlt; ich hatte Angst, aber ich konnte dich hören, ich fühlte dich ganz nah.“ Hermine sah ihn verwundert und mit Ehrfurcht in der Stimme an. „Du warst die ganze Zeit hier.“

Severus zuckte mit den Schultern und versuchte immer noch, seine Gefühle und Emotionen der letzten Tage zu bewältigen. „Wo sonst hätte ich sein sollen? Es gibt nur noch ein paar Punkte die ich klären muss, ehe wir in meine Räume zurückkehren.“

„Zurückkehren in deine Räume?“

„Ja. Meine Räume. Du bleibst bis Montag bei mir. Und irgendwann, wenn Poppy dich entlässt, werde ich dich nach Cambridge apparieren.“ Wohin dachte sie, dass sie gehen würde? Auf keinen Fall würde er sie aus den Augen lassen ehe er sicher war, dass es ihr wieder gut ginge.

„Danke, aber ich habe noch Vorlesungen aufzuholen und Dinge, um die ich mich kümmern muss. Ich muss zurück in meine Wohnung. Ich verspreche, ich gehe es ruhig an. Ich kann nicht mit dir nach Hogwarts zurück.“

„Da gibt es keine Diskussion. Du kannst und du wirst. Ich kann alles, was du auch immer brauchst, aus deiner Wohnung holen. Wenn du möchtest, mache ich einen Stopp in Cambridge und informiere deine Professoren über deinen Zustand.“

Harry räusperte sich.

Severus seufzte. Er hatte nicht bemerkt, wie der junge Mann das Zimmer betreten hatte.

„An sich dachte ich, ich könnte das heute Nachmittag tun. Aber wenn Sie es lieber…“ Harry war der Meinung, dass Snape unter diesen Umständen wohl nicht besonders diplomatisch sein würde. Hermine hatte ihm schon von der heftigen Auseinandersetzung zwischen Snape und Rancine erzählt. Diese beiden wieder zusammen zu bringen würde wohl ebenso sein, als wenn man ein Streichholz auf einen ‚Weasleys Wundersamen Feuerwerkskörper’ warf. Am Besten zurücksetzen und das Feuerwerk betrachten.

Potter kam wieder einmal zur Hilfe. Würde er den Jungen jemals loswerden? Nein, das war nicht fair. Hatte er nicht gestern erst gedacht, dass er Potter Hermines Rückkehr verdankte? „Ich nehme an, dass es weise wäre, wenn Pot… Harry mit deinen Dozenten sprechen würde.“

Hermine blickte mit großen Augen von Severus zu Harry und wieder zurück. „Severus? Harry? Halluziniere ich etwa wieder?“

Harry lächelte Severus zu, belustigt dass dieser immer noch Probleme damit hatte, seinen Namen zu sagen. „Sie haben geübt.“

Der finstere Mann überhörte die Bemerkung. „Bleiben Sie bei Hermine, bis ich zurückkomme? Ich muss mich um einige Dinge kümmern, ehe ich sie nach Hogwarts bringen kann.“ Da gab es noch eine bestimmte Hexe, mit der er über einen Anhänger reden wollte, aber es gab keinen Grund, das im Moment zu erwähnen.

Harry setzte sich in einen Sessel. „Klar, es ist noch früh. Ich kann nach dem Mittagessen mit ihren Professoren reden.“

Hermine beobachtete das höfliche Wechselspiel zwischen Severus und Harry. „Hallo? Erinnert ihr euch an mich? Was zum Teufel geht zwischen euch beiden vor sich?“

„Was vor sich geht? Ich habe nur… Harry… gebeten…“ Severus biss die Zähne zusammen, er war entschlossen, höflich zu bleiben. Potters Hilfe war der Hauptgrund für Hermines Genesung, sie hatte ja gesagt, dass es seine Stimme gewesen war, die ihr geholfen hatte. Er hätte niemals lesend bei ihr gesessen, wenn Potter ihm nicht erzählt hätte, dass Leute, die im Koma sind, diejenigen um sie herum hören können. Potter hatte sogar Tränkemagazine und Texte zum Vorlesen herbei geschafft. „… dir Gesellschaft zu leisten, bis ich wieder komme.“

„Mit ein wenig mehr Übung können Sie vielleicht sogar meinen Namen sagen, ohne dass Sie ihre Zähne zusammen pressen müssen.“ Harry ignorierte Severus’ wütenden Blick. „Sie können mich gerne weiterhin Potter nennen, Professor. Ich gebe mich damit zufrieden, dass es zivilisiert zwischen uns ist.“

Harry hatte Snape während seiner Jahre in Hogwarts gehasst, aber durch ihrer beider Anstrengungen Voldemort zu besiegen, hatten sie einen schwerverdienten Respekt erarbeitet. Keiner war sonderlich freundlich zum anderen, aber sie hatten einen Waffenstillstand trotz der offenen Anmerkungen ausgerufen. Hermines Beziehung mit Snape hatte die Dinge nicht einfacher gemacht, aber den Mann die letzten Tage zu beobachten hatte einige von Harrys Meinungen über den Mann geändert.

Es hatte sie beide, Ron und ihn, geschockt, dass Snape sich geweigert hatte, Hermines Seite zu verlassen. Während der letzten drei Tage hatte Harry dem dunklen Zauberer Tee und Sandwiches gebracht, da Snape sich weigerte, den Raum zu verlassen und stattdessen fast ununterbrochen der jungen Hexe vorgelesen und dabei zu sagen, dass er hier sein müsse, wenn sie aufwachen würde.

Er ging nur zur Toilette, wenn entweder Harry oder der Schulleiter an Hermines Seite saß und behauptete, dass sie die einzigen wären denen er vertraute, Hermine in seiner Abwesenheit zu beobachten. Sogar dann war er zeitweise nur Minuten fort und forderte anschließend Auskunft, was in seiner Abwesenheit vorgefallen war. War der Heiler da gewesen? Hatte sich Hermine bewegt? Gab es irgendeine Veränderung? Zuerst dachte Harry, dass Snape komplett verrückt geworden war, doch nun verstand er wie viel ihm Hermine bedeutete und dass ihre Beziehung real und nicht irgendein Slytherin’scher Versuch der Rache am Traumteam war.

„Gehen Sie, Sir. Nehmen Sie sich Zeit. Ich werde nicht gehen.“

Severus nickte. Er beugte sich vor und küsste Hermine zärtlich auf den Kopf. „Steh nicht ohne Hilfe auf. Du brauchst keinen weiteren Schlag auf den Kopf. Vielleicht hast du mehr als genug Köpfchen, aber es gibt keinen Grund, ihn noch weiter durch zu schütteln. Ich komme bald zurück.“

„Fledermaus!“, lächelte Hermine zu ihm hoch.

Severus wölbte eine Augenbraue. „Besserwisserin.“

Harry lächelte – waren das etwa Kosenamen?

Hermines Lachen folgte Severus aus der Tür.

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Severus rückte den Kragen seines Hemdes gerade und richtete den oberen Knopf an denen seiner Robe aus. Es hatte sich gut angefühlt, eine Dusche zu nehmen und saubere Kleidung anzuziehen. Er war immer noch besorgt wegen Hermine, aber er war sicher, dass Potter während seiner Abwesenheit auf sie achten würde.

Die teilweise gebrauten Wolfsbanntränke vom Sonntag waren in Stasis, die Zutaten und Hilfsmittel gesäubert und aufgeräumt. Er nahm an, dass das Albus' Tat gewesen war. Die Hauselfen würden niemals aus eigener Initiative heraus das Labor reinigen. Tatsache war, dass es ihnen verboten war, seine Räume ohne seine ausdrückliche Erlaubnis zu betreten.

Er hatte einige Arrangements für Hermines Bequemlichkeit getroffen, während sie gesund werden würde. Ein Zauberer, den Severus niemals kennen gelernt hatte, hatte seinen Unterricht übernommen. Der Mann schien an dem Stundenplan zu kleben, den er selbst zu Beginn des Semesters festgesetzt hatte. Er hatte sogar Albus gefragt, ob der Zauberer den Unterricht auch noch den Rest der Woche übernehmen könnte, so dass er bei Hermine bleiben konnte. ‚Ich muss wohl meinen Verstand verlieren’, dachte er. Er hatte noch niemals gestattet, dass ihn jemand ersetzte. Das eine Mal, als Albus seine Klassen unterrichtete, war ein Desaster gewesen und nun bat er Albus, ob der Lehrer noch bis Ende der Woche bleiben konnte?

‚So, und nun was? Sie wird hier bleiben. Baut ihr beide euch jetzt gemeinsame Räume? Du hast ihr gesagt, dass du sie liebst und was ist nun der nächste Schritt? Ihre rote Katze ist eh schon wie Zuhause hier im Schloss, wie lange dauert es dann noch, bis sie das hier auch als ihr Heim bezeichnet?’ Das war nicht die gestörte Stimme in seinem Kopf, an die zu hören er schon gewöhnt war. Diese hörte sich misstrauisch wie sein Vater an. Er nahm an, dass das nun sein Unterbewusstsein war, welches versuchte ihn dazu zu bringen, den Tatsachen in die Augen zu sehen.

Severus sprach einen Polsterungszauber über die gesamten Steinböden, einen, der sich selbst aktivieren würde, sollte jemand fallen. Er hatte nicht vor, eine ständige Verletzung von Hermine zu riskieren, sollte sie noch einmal stürzen. Die Wahrheit war, er hatte sie gerne hier. Er mochte es, neben ihr zu gehen. Er hatte ein Gefühl von Frieden, wenn er vom Korrigieren hochsah und sie versunken in ihren Studien betrachtete, mit einem Federkiel, der willkürlich in ihrem Haar steckte, mit Büchern, die um sie herum ausgebreitet waren und Pergamente und Tintenfläschchen, die aus ihrer Büchertasche herausquollen.
Er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte. Wahrscheinlich war das schon eine Weile lang erwiesen gewesen, genauso klar wie die Nase in seinem Gesicht. Nun, nichts konnte wohl offensichtlicher sein. Er sah sich um und hoffte, dass sie dies hier eines Tages als ihr Heim bezeichnen würde – vielleicht wenn sie ihre Lehrzeit beendet hatte.

Bei jemand anderem.

Der finstere Blick kehrte in sein Gesicht zurück. Am Besten war, nicht gerade jetzt darüber nach zu denken. Er hatte noch einen weiteren ‚Botengang’ zu erledigen, ehe er ins St. Mungos zurückkehrte. Das Schloss durch eine Seitentür verlassend, ging er zum Apparierpunkt und apparierte in die Winkelgasse. Er hatte noch einige Fragen an Trelawney über den Anhänger, den sie ihm verkauft hatte.

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Severus apparierte in die Nebenstraße, die dem Smaragdblatt am nächsten lag. Ein Blick ins Innere des Ladens zeigte ihm, dass der Verkaufsraum leer war. Durch den mit Perlen versehenen Vorhang hinten konnte man einen Mann seines Alters, sehen, der an einem Schreibtisch arbeitete. Es gab kein Anzeichen von der Hexe, die ihm den Anhänger verkauft hatte.

Der Zauberer lächelte, während er den Tränkemeister grüßte. „Guten Tag, Professor Snape. Wie kann ich Ihnen heute zu Diensten sein?“

Severus hob fragend eine Augenbraue. „Sind wir uns schon mal begegnet?“

Der Mann lachte, sein Verhalten war offen und ehrlich. „Nein Professor. Ich entschuldige mich für die Vertraulichkeit, aber ich bezweifle, dass es eine lebende Hexe oder einen Zauberer gibt, der Sie nicht entweder von ihrer langjährigen Anstellung in Hogwarts oder von dem beachtenswerten Sieg über Du-weißt-schon-wen kennt .“

Das war eine der Nebenwirkungen, bekannt zu sein, etwas, das ihn wahnsinnig nervte. Severus nickte. Er zog die Quittung des Anhängers aus einer Innentasche. „Ich würde gerne mit Senalda Trelawney sprechen.“

Die Veränderung im Verhalten des Mannes war alles andere als raffiniert. „Meine Schwester? Ich befürchte, sie befasst sich nicht länger mit Geschäftsangelegenheiten. Vielleicht kann ich Ihnen irgendwie helfen?“

„Ihre Schwester? Sie hat mir vor zwei Monaten ein Blatt mit einem Smaragd verkaufte. Ich habe einige Fragen bezüglich des Anhängers. Wann erwarten Sie ihre Rückkehr?“

„Vor zwei Monaten? Das ist unmöglich. Es ist beinahe ein Jahr her, dass Senalda im Geschäft gearbeitet hat. Wie auch immer, wenn Sie ein Problem mit dem Stück haben, tausche ich es gerne für Sie um. Wir stehen vollkommen hinter unserer Arbeit.“ Der Zauberer trat einen Schritt zurück und seine Hand bewegte sich zu seiner Tasche als würde er Schwierigkeiten erwarten.

Severus ignorierte die Haltung des Mannes und legte das Pergament auf den Ladentisch. „Ich habe eine Quittung mit ihren Initialen darauf. Sehen Sie das Datum? 15. September 2001?“

„Das muss irgendein Fehler sein.“

„Das ist kein Fehler. Ihre Schwester hat mir einen Anhänger ihres Großvaters verkauft. Der verdammte Anhänger glühte drei Tage lang, ehe er wieder normal wurde. Ich muss wissen, was das bedeutet. Wenn Hermine deswegen in irgendeine Gefahr gerät, werden Sie nicht lange genug leben um den Verkauf an mich zu bedauern. Habe ich mich klar ausgedrückt?“

Die Augen des Mannes lebten auf. „Der Anhänger glühte? Hat das noch jemand gesehen?“

„Natürlich. Halb St. Mungos war es mindestens, die im Zimmer ein und ausgingen. Was bedeutet das?“

De Zauberer lächelte sein erstes echtes Lächeln, seit Severus eingetreten war. „Es bedeutet, dass Sie mit einem seltenen Geschenk gesegnet sind. Erkennen Sie es als das, was es ist Professor, und versuchen Sie es nicht in Frage zu stellen. Manchmal kann wahre Magie nicht erklärt werden.“

Severus konnte in der Aussage keinerlei Falschheit erkennen. Auch ohne Legilimentik fühlte er, dass der Zauberer die Wahrheit sagte. Dennoch… „Bitte sagen Sie Ihrer Schwester, dass ich mit ihr sprechen möchte.“

Der Zauberer stand ruhig da, während Severus wieder ging. „Du hättest ihm niemals den Anhänger verkaufen sollen. Was hast du dir nur dabei gedacht?“

Senalda Trelawney kam durch den Perlenvorhang. „Du hast es auch gefühlt, nicht wahr? Sag jetzt nicht nein. Es ist wie Großvater gesagt hat. Er wird zurückkommen.“

„Das ist es, was ich befürchte. Das war eine wirklich törichte Sache von dir. Weißt du, wer das war? Wie dumm musst du sein, dass du den Anhänger einem Todesser verkaufst?“ Daemon Trelawney türmte sich über seiner Schwester auf, die allerdings seinen Ärger zu übersehen schien.

„Ehemaliger Todesser. Du selbst hast gesagt, dass er Harry Potter geholfen hat, Voldemort zu besiegen.“ Senaldas Augen glänzten.

Daemon zuckte zusammen ob der saloppen Art, in der seine Schwester den Namen von Du-weißt-schon-wem nannte. „Das ist nicht der Punkt. Was wenn er versucht hätte, sie zu versklaven?“

„Aber er hat es nicht gemacht. Das ist genau der Punkt. Das war es nicht, was die Magie ausdrückte. Ich wusste es in dem Augenblick, als er durch die Tür kam. Es genau so, wie es Großvater gesagt hat. Ich habe es niemals zuvor so gefühlt.“ Die Stücke, die von Tiresias Trelawney gemacht wurden, waren immer sehr gefragt gewesen, auch wenn nur wenige privilegiert waren, das Blatt mit dem Smaragd zu bekommen, das Stück mit seiner Signatur. Gerüchten zufolge existierten nur noch weniger als fünfzig Stück davon.

Beide, Senalda und Daemon, konnten ein sanftes Vibrieren fühlen, während sie den Schmuck hielten und dieser die Magie ihres Großvaters erkannte. Die gleiche Magie in ihrem Blut das der Künstler selbst gehabt hatte – und so wussten sie immer sofort, ob ein Stück echt oder unecht war.

Alle Stücke der ‚verzauberten’ Kollektion waren mit einer geringen Menge Magie während ihrer Herstellung getränkt worden. Die meisten brachten dem Empfänger etwas Glück oder zeitweise ein gesteigertes, gutes Gefühl. Nur wenige waren wahre Repräsentanten von Tiresias’ Geschenk. Das Blatt war dafür gedacht, die Reinheit des Herzens zu erkennen, die Reinheit der Gefühle füreinander. Es antwortete nur denen, die keine Hintergedanken hatten. Es erkannte den Ruf eines Herzens nach dem anderen ehe die beiden jemals einander ihre Gefühle zugegeben hatten, doch war es noch mehr als das: es band auch die zwei Herzen aneinander.

Und wie es mit allem Guten ist, gibt es immer auch ein Potential für das Böse daran zu glauben. Irgendwie, irgendwer war fähig gewesen, die Verzauberung eines Anhängers zu verändern. Statt nach dem anderen Herz zu rufen, versuchte er es zu versklaven. Der Zauberer war nur teilweise erfolgreich bei seinem Versuch. Es war nur Glücksache gewesen, dass Tiresias in die Hexe gelaufen war, die den Anhänger trug. Er konnte fühlen, wie das Böse von dem Blatt herausströmte. Es war eine einfache Gaunerei und überzeugte die junge Frau, dass da ein Stein fehlte und er ihn gerne ohne Bezahlung ersetzen würde. Er vertauschte das verzauberte Blatt gegen ein ‚Nicht-magisches’. Später hörte er, dass die Hexe ihre Verlobung mit dem Zauberer gelöst hatte und aus dem Land geflohen war. Es war das letzte Blatt, das er jemals verkauft hatte.

Daemon sah seine Schwester fragend an. „Weißt du was er meinte als er sagte, dass halb St. Mungos gesehen hat, wie das Blatt glühte?“

Senalda schüttelte den Kopf. „Hast du die letzte Ausgabe der Hexenwoche gesehen?“ Sie verschwand nach hinten um mit einer Kopie in der Hand zurück zu kehren.

„Ich habe den Schund noch nie gelesen.“

„Tja, dies könnte dich interessieren.“ Senalda breitete die Zeitung über dem Ladentisch aus.

Die Schlagzeile auf dem Cover schrie geradezu in großen Buchstaben:

„Hermine Granger, beste Freundin von Harry Potter, dem Auserwählten, wurde bei einem außergewöhnlichen Unfall in Hogwarts verletzt.“

Unter dem Titel war ein Bild von Severus Snape, der den Fotografen finster anblickte, und ein Bild der drei Freunde bei der Verleihungszeremonie der Auszeichnungen im Ministerium, wobei der Fotograf Severus nach dem Fiasko bei der Finalschlacht geflissentlich übersah.

In der Zeitschrift griff der Reporter zu Gegensätzen, als er die Hauptspieler in diesem Drama auflistete: Hermine Granger, Kriegsheldin, Trägerin des Orden des Merlin, Erster Klasse und derzeitige Gefährtin von Professor Severus Snape, Zaubertränkemeister an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei, Träger des Orden des Merlin, Erster Klasse, wurde mit großer Hast am Sonntag nach einem außergewöhnlichen Unfall ins St. Mungos gebracht.

Der Artikel beschrieb Hermines Zustand: von ihrer Verletzung am Sonntagnachmittag bis zu ihrem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit am Dienstagabend. Die Reporter beschrieben Severus’ ständige Anwesenheit an ihrem Bett und seine Weigerung zu glauben, dass sie sich niemals von ihren Verletzungen erholen würde. Nur eine Zeile merkte etwas über einen ungewöhnlichen Anhänger an, einem Geburtstagsgeschenk des Professors an die Hexe und munkelte von seltsamen Eigenschaften, die dieser besaß. Der Reporter fing an, über ihre Beziehung zu spekulieren und ihre mögliche, gemeinsame Zukunft.

Daemon lachte kurz. „Interessant. Wenigstens wurden wir erwähnt. Wir hatten dieses Mal Glück. Ich möchte, dass du ihnen fern bleibst. Was hast du überhaupt im Geschäft gemacht?“ Senalda war dabei gewesen, Ausflüge für das Jahr zu buchen und hatte gesagt, dass sie wirklich nicht weiterhin etwas mit der täglichen Arbeit im Geschäft zu tun haben wollte.

„Ich kam an diesem Nachmittag um eine Lieferung zu überprüfen, die eingetroffen war. Du warst nicht da und ich denke, ich vergaß, die Tür zu versperren. Das nächste, an das ich mich erinnere war, dass Professor Snape herein kam. Wenn ich überlege, wie sich die Dinge entwickelt haben, kann ich nur annehmen, dass es Schicksal war.“

„Schicksal. Wir haben keines von Großvaters Schmuckstücken verkauft, seit er vor fünfzig Jahren aufgehört hat, welche zu entwerfen. Was hat es hier gemacht?“ Daemon klappte die Zeitschrift zu während er sprach und gab es seiner Schwester zurück.

„Ich nahm am Tag zuvor die falsche Box aus meinem Haus mit. Das war der andere Grund, warum ich vorbei kam. Ich wollte die Aufträge prüfen und nahm den Anhänger.“

„Nun, es mag sich nun zum Besten entwickelt haben, aber ich möchte nicht, dass du ihnen noch einmal zu nahe kommst. Möchtest du eine Tasse Tee? Ich habe Scones aus der neuen Bäckerei um die Ecke besorgt.“

Senalda nickte. „Ja, das hört sich gut an.“

Daemon verschwand durch den Perlenvorhang. Er wäre nicht so glücklich gewesen, wenn er das Lächeln auf dem Gesicht seiner Schwester gesehen hätte.

tbc

Je mehr sich die Dinge ändern...

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